Schlechter Schlaf, Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen, unerklärliche Gelenkschmerzen. Wenn Frauen mit Mitte 40 plötzlich mit bisher unbekannten körperlichen Beschwerden zu tun haben, drängt sich die Frage auf: Hat das Klimakterium, besser bekannt als Wechseljahre, bereits begonnen? Und darf man darüber überhaupt sprechen?


Wir haben bei den Expertinnen Dr. Bettina Toth, Dr. Bettina Böttcher und Dr. Hannah Welponer nachgefragt, was es mit den Wechseljahren auf sich hat, wie frau am besten damit umgeht und welche Hilfsmöglichkeiten es gibt.
Außerdem haben wir die engagierte „Feuerfrau“ Christine Fink-Gürtler getroffen, die offen über ihre Erfahrungen in den Wechseljahren spricht.

„Ich habe immer auf die Hitzewallungen gewartet. Im Rückblick haben meine Beschwerden aber schon mit den Schlafstörungen Anfang vierzig begonnen,“ erzählt Christine Fink-Gürtler über ihre Erfahrungen der letzten 10 Jahre.

„Die Beschwerden kamen nie gemeinsam, sondern in unterschiedlichen Abständen. Es kamen Gelenkschmerzen dazu, Gedächtnisprobleme und Stimmungsschwankungen.“

So wie Christine Fink-Gürtler geht es vielen Frauen. Bis vor einigen Jahren galten die Wechseljahre – im Fachjargon Klimakterium –  noch als gesellschaftliches Tabuthema und das Wissen über die verschiedenen Symptome war nur mäßig bekannt. Doch was ist das Klimakterium überhaupt und was passiert im Körper der Frau, wenn sie in die Wechseljahre kommt?

Was ist das Klimakterium überhaupt?
Die vier Phasen der Wechseljahre.

„Bei den meisten Frauen beginnt der hormonelle Umbau im Körper in ihren Vierzigerjahren, wenn die Eierstöcke langsam, aber sicher die Produktion der Sexualhormone Östrogen und Progesteron zurückfahren und die befruchtungsfähigen Eizellen weniger werden“, erklärt Bettina Toth, Direktorin der Universitätsklinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin.

Die Wechseljahre ziehen sich durchschnittlich über zehn Jahre und teilen sich in vier Phasen auf:

  1. In der Prämenopause beginnen sich die Hormone zu verändern, erste Beschwerden können auftreten.
  2. Es folgt die Perimenopause, die Zeit vor der letzten Periode. Hier erleben Frauen häufig eine Veränderung des Zyklus, typische Symptome wie Hitzewallungen, Nervosität und Reizbarkeit oder Erschöpfungszustände nehmen zu. Auch Depressionen können auftreten.
  3. Die Menopause selbst ist der Zeitpunkt der letzten Periode und dauert nur wenige Tage. In Österreich hat eine Frau im Durchschnitt mit 49 Jahren ihre letzte Regelblutung.
  4. Erst rund ein Jahr später beginnt die Postmenopause, in der sich der Hormonhaushalt im Körper wieder einpendelt.
Dr. Bettina Toth, Direktorin der Innsbrucker Universitätsklinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin

Diese Symptome sind für die Wechseljahre typisch?

Bei den meisten Frauen machen sich Symptome wie Nervosität und Reizbarkeit sowie Stimmungsschwankungen bemerkbar. Laut der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (ÖGGG) sind 90 % der Frauen in den Wechseljahren davon betroffen.

Sehr oft berichten Frauen auch von einem Gefühl der Erschöpfung und des Leistungsabfalls sowie von Konzentrationsstörungen ­­­­– gerade bei berufstätigen Frauen kann dies zu einer großen Belastung werden.

Über die Hälfte der Frauen erlebt laut ÖGGG typische Symptome wie Hitzewallungen,  Schweißausbrüche, depressive Verstimmungen, Haarausfall oder einen Libidoverlust.

Weitere häufige Symptome in der Menopause sind Schlafstörungen, trockene Haut und trockene Schleimhäute, Herzrasen und Blutdruckschwankungen sowie Gelenk- und Muskelschmerzen.

Was hilft bei Beschwerden in den Wechseljahren?

Bei leichten Symptomen können Frauen viel mit Lebensstiländerungen den Beschwerden entgegenwirken: Sport zum Muskelerhalt, gesunde Ernährung, ausreichend Schlaf und auch pflanzliche Produkte wie Mönchspfeffer oder Yamswurzel können helfen.

Vieles von dem hat auch Christine Fink-Gürtler ausprobiert. Ihr Fazit: Der Erfolg war unterschiedlich, positive Effekte zeigten sich meist aber nur kurzfristig.

Geholfen hat eine Hormonersatztherapie. „Ich war bei vier verschiedenen Fachärzt:innen bis das Gesamtbild deutlich wurde, dass alle Beschwerden mit der Hormonumstellung zusammenhängen. Vor drei Jahren habe ich mich dann für eine Hormonersatztherapie entschieden. Seither kann ich wieder schlafen und auch andere Beschwerden haben sich verbessert“, erzählt Fink-Gürtler.

Christine Fink-Gürtler ist Hebamme und Mitglied der
Christine Fink-Gürtler, Hebamme und Mitbegründerin der Feuerfrauen Tirol

Hilfe für Risikopatientinnen an der Hormonambulanz der Innsbrucker Klinik


An der Hormonambulanz der Innsbrucker Klinik für Gynäkologie behandeln die Fachärztinnen Bettina Böttcher und Hannah Welponer Risikopatientinnen. Also Frauen, die genetisch bedingt ein höheres Krebsrisiko haben oder bereits aufgrund einer Erkrankung in Behandlung sind, wie auch Frauen mit hohem Thromboserisiko.

Mit oder ohne erhöhtes Risiko: „Die Behandlung ist immer individuell. Egal ob viele Beschwerden oder nur eine – wir schauen, welches Symptom eine Behandlung braucht, um die Lebensqualität zu verbessern und was für die Frau im Vordergrund steht“, sind sich die Ärztinnen einig.

Oft ist die erste Empfehlung „Lebenspflege“: darauf zu achten, was braucht der Körper, wie kann ich mit meinem Lebensstil darauf reagieren. In vielen Fällen kann auch eine Hormonersatztherapie helfen.

Dr. Bettina Böttcher, Fachärztin an der Innsbrucker Klinik für Gyn. Endokrinologie und Reproduktionsmedizin
Dr. Bettina Böttcher, Oberärztin an der Innsbrucker Klinik für Gyn. Endokrinologie und Reproduktionsmedizin
Dr. Hannah Welponer, Fachärztin an der Innsbrucker Klinik für Gyn. Endokrinologie und Reproduktionsmedizin
Dr. Hannah Welponer, Fachärztin an der Innsbrucker Klinik für Gyn. Endokrinologie und Reproduktionsmedizin und Hormonambulanz

Was ist die Hormonersatztherapie (HRT) und wie wirkt sie?


Bei der Hormonersatztherapie wird der zunehmende Mangel an Östrogen und Progesteron durch die Gabe von Medikamenten künstlich ausgeglichen, um die Beschwerden zu lindern. Dies kann in Form von Tabletten oder Cremes sein.

„Wir arbeiten erst gegen Ende der Ovarialfunktion mit einer Hormonersatztherapie. Das kann in Form von Vaginal- bzw. Hautcremen oder Kombinationspräparaten von Östrogen und Progesteron in Tablettenform sein. Die Cremes bieten den großen Vorteil, dass sie bei Bedarf individuell an die aktuellen Symptome anpassbar sind“, beschreibt Hanna Welponer. Progesteron-Präparate werden häufig auch bei starken Schlafproblemen eingesetzt.

 

Positive Aspekte der Hormonersatztherapie

Richtig eingesetzt bringt die Hormonersatztherapie viele Vorteile für die Frauengesundheit. Vor allem in Hinblick auf Herz- und Kreislauferkrankungen, wie Bettina Bötcher erklärt: „Das Hormon Östrogen hat eine Schutzfunktion für unsere Gefäße und unser Gehirn. Es hat auch einen Einfluss auf den Zuckerstoffwechsel. Ein Östrogenmangel trägt zu einem erhöhten Herzinfarkt- oder Schlaganfallrisiko bei. Mit der Hormonersatztherapie können wir positive Impacts beim natürlichen Alterungsprozess setzen.“

Der Einsatz von Hormonen muss trotzdem wohlüberlegt sein, da er Einfluss auf das Brustkrebsrisiko haben kann. „Bei Frauen um die Menopause ist dieses Risiko ­­­aber deutlich geringer als das Risiko für einen Herzinfarkt, das mit der Hormonumstellung deutlich ansteigt. Ab der Menopause überholen Frauen in Sachen Herzinfarktrisiko“, ergänzt Toth.

Frauen in den Wechseljahren sind viele

„Allein in Österreich sind derzeit 1 Million Frauen von den Wechseljahren betroffen und im gesamten deutschsprachigen Bereich reden wir von insgesamt 11 Millionen“, weiß Dr. Bettina Toth.

Und obwohl sie es begrüßt, dass das Thema endlich mehr Aufmerksamkeit bekommt, ortet sie einen hohen Informations- und Aufklärungsbedarf in Hinblick auf die Beschwerden und die adäquaten Therapien.

Wie es den Frauen in Österreich in den Wechseljahren geht, wurde auch erstmals im Jahr 2024 im „Menstruationsbericht“ vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz festgehalten. Dieser zeigt auf, dass es aktuell eher Zufall ist, ob Frauen zu guten Informationen kommen oder nicht.

Um dem Thema mehr Aufmerksamkeit zu geben, startete die Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe die Kampagne „Wir sind 1 Million“.

Hilfe zur Selbsthilfe: Feuerfrauen Tirol

 

Wieder zurück zu Christine Fink-Gürtler. Sie hat in Bezug auf die Wechseljahre hat sie vor allem eines gemacht: Über ihre Symptome gesprochen. Im Austausch mit anderen Frauen hat sie festgestellt, dass es vielen so geht wie ihr und Beschwerden oft nicht in Zusammenhang mit der Menopause gebracht werden, wenn es nicht die typischen Hitzewallungen sind.

 

Gemeinsam mit anderen Frauen engagiert sie sich jetzt im Verein Feuerfrauen in Tirol, um ein Netzwerk für Betroffene, Expert:innen und Vernetzung aufzubauen. „Ich will einfach drüber reden“, sagt Fink-Gürtler. „Ich bin die Pilotin in meinem Körper. Wenn ich weiß, was in mir vorgeht, kann ich besser damit umgehen. Wir Frauen müssen das nicht einfach nur aushalten.“

Mehr Infos und weiterführende Links:

 

Autorinnen: Sabine Monthaler-Hechenblaikner & Teresa Lackner-Pöschl

Fotos: tirol kliniken/Gerhard Berger