Viele machen es – gern alleine oder zu zweit, gemütlich im Bett, auf der Couch, in der Küche oder auch mal im Auto: wir streamen Serien von unseren Lieblingsanbietern mit x oder mit z. Das Angebot lässt mittlerweile (fast) keine Wünsche mehr offen. Nachdem man den Trailer geschaut und ein paar Bewertungen gelesen hat, kann man recht gut einschätzen, was einen erwartet. Als ich begann, die Serie „The Bold Type“ zu schauen, freute ich mich auf leichte Unterhaltung à la „Sex and the City“ und fand mich plötzlich in einem zutiefst persönlichen Thema der Frauenmedizin mit großer Tragweite wieder: dem Brustkrebsgen.

Spätestens seit Angelina Jolie ihre beidseitige Mastektomie (Entfernung der Brüste) publik gemacht hat, ist das Thema in der Öffentlichkeit angelangt. Was genau dahintersteckt, welche Rolle eine rechtzeitige Untersuchung und die weiteren Entscheidungen spielen, wissen aber die wenigsten. Der Hauptcharakter in „The Bold Type“, Jane Sloan, wird im Laufe der Serie bei wichtigen Schritten rund um das Brustkrebsgen begleitet. Genetische Untersuchung, Operativer Eingriff, Vorsorge für einen Kinderwunsch – die Diagnose Brustkrebsgen bringt vieles mit sich. Schnell ist klar, dass sie das ganze Leben beeinflusst: die Beziehung zum Partner und zu sich selbst, die Arbeit, die Familienplanung.

Dr. Daniel Egle, Oberarzt an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde in Innsbruck und Experte für das Brustkrebsgen

In den tirol kliniken befasst sich ein Netzwerk aus ExpertInnen mit diesem Thema und steht den PatientInnen bei allen Schritten und Entscheidungen zur Seite. Daniel Egle, Oberarzt an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Experte auf dem Gebiet des Brustkrebsgens, gibt uns einen Einblick, was es mit dem Thema auf sich hat und welche Möglichkeiten es in den tirol kliniken gibt.

Was ist das Brustkrebsgen?

In Wahrheit gibt es mehrere Gene die mit einer familiären Brustkrebserkrankung assoziiert sein können. Die häufigsten und am besten erforschten sind die BRCA-Gene. In diesen Genen können Mutationen (Veränderungen) auftreten, die eine Anfälligkeit für Brustkrebs verursachen, aber auch für Eierstockkrebs.

Wer soll/darf sich auf das Brustkrebsgen untersuchen lassen?

Es gibt Kriterien der WHO, die international gültig sind und auch in Österreich angewendet werden. Lässt sich also aus der Familienanamnese erkennen, dass eine unnatürliche Häufung von Erkrankungen auftritt, dann wird die Testung angeboten und auch bezahlt.

Wie erfolgt die genetische Testung?

Nach einer Beratung durch die betreuenden FachärztInnen von Gynäkologie und Humangenetik erstellen die ExpertInnen einen Familienstammbaum. Für die eigentliche Testung erfolgt eine Blutabnahme, die dann zur Untersuchung ins Labor geht. Nach 4-8 Wochen ist ein Resultat zu erwarten.

Was bedeutet ein positives Testergebnis?

Wird in der genetischen Analyse eine Veränderung in einem der Brustkrebsgene bestätigt, besprechen wir im BrustGesundheitZentrum Tirol an der Gynäkologie in Innsbruck interdisziplinär den Befund mit der Patientin und informieren sie über die möglichen Vorgehensweisen, die sich aus dem Befund ergeben. Das Angebot umfasst auch eine psychologische Betreuung im Vorfeld dieser Situation.

Welche Möglichkeiten gibt es, wenn das Brustkrebsgen entdeckt wurde?

Für die Brust besteht die Möglichkeit einer engmaschigen Vorsorge. Diese orientiert sich am Alter der Patientin und soll im Falle der Erkrankung eine frühe Diagnose mit guten Heilungschancen sichern. Alternativ dazu können wir auch eine vorbeugende also risikoreduzierende Operation anbieten. Die Patientin hat je nach ihren Wünschen oder ihrer Lebenssituation (z. B. Familienplanung) die Option aus den beiden Möglichkeiten zu wählen. Es ist auch möglich, zunächst eine Vorsorge zu betreiben und später, zu einem für sie passenden Zeitpunkt, die risikoreduzierende Operation durchzuführen.

Für Eierstockkrebs gibt es leider keine ausreichend effektive Früherkennung. Ist ein Brustkrebsgen nachgewiesen, empfehlen wir ab ca. 45 Jahren eine prophylaktische Entfernung der Eierstöcke und der Eileiter.

Übersetzung: Personen, bei denen die Mutation eines BRCA Genes festgestellt wurde, haben ein höheres Risiko an Brust- oder Eierstockkrebs zu erkranken.

Welche Folgen hat eine Operation auf die Familienplanung?

Durch die risikoreduzierende Operation der Brust ist das Stillen in weiterer Folge unmöglich. Die Fruchtbarkeit und der Verlauf einer Schwangerschaft sind aber nicht beeinträchtigt. Die Entfernung der Eierstöcke bedingt aber einen Eintritt in die Menopause (Wechseljahre), wodurch eine natürliche Schwangerschaft nicht mehr möglich ist. Der Zeitpunkt für diesen Eingriff wird daher aber in aller Regel erst nach Abschluss der Familienplanung gewählt.

Gibt es auf diesem Weg eine psychologische Begleitung?

Eine psychologische Betreuung wird schon sehr früh in diesem begleiteten Prozess angeboten, weil naturgemäß eine große psychische Belastung mit der Abklärung und in weiterer Folge auch mit den daraus resultierenden Entscheidungen einhergeht.

Ist es positiv, das Thema Brustkrebs in einer Serie zu thematisieren oder gibt es auch Risiken?

Grundsätzlich ist es gut, Bewusstsein in einer breiteren Allgemeinheit zu schaffen, um damit auch Betroffene zu erreichen oder aufmerksam zu machen. Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, durch ungefilterte oder unvollständige Informationen Frauen zu beunruhigen oder zu verängstigen, die aber eigentlich gar nicht besonders gefährdet sind. Es hängt also wie immer von der Qualität der zu Grunde liegenden Informationen ab und wie seriös diese transportiert sind.

Vielen Dank für das Interview!