Autorin: Melanie Falkensteiner

Manche werden bewusstlos, wenn sie Blut sehen, andere vor Schreck. Julia Kerschbaum, Oberärztin an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Innere Medizin IV (Nephrologie und Hypertensiologie), erklärt, was bei einem Ohnmachtsanfall mit dem Körper passiert und was die Niere und der Blutdruck damit zu tun haben.

 

Was passiert mit dem Körper, wenn man bewusstlos wird?

Kerschbaum: Bewusstseinsverlust kann durch verschiedene Auslöser verursacht werden, zum Beispiel durch einen niedrigen Blutdruck. Denn ein plötzlicher Abfall des Blutdrucks vermindert den Blutfluss zum Gehirn und der Sauerstoffmangel beeinflusst die Funktion der Gehirnzellen negativ. Das autonome Nervensystem, das die Kontrolle über Herzschlag, Atmung und Blutdruck hat, kann einen Bewusstseinsverlust als Antwort auf starken Stress oder einen Schreck auslösen. In manchen Fällen können auch neurologische Störungen oder Verletzungen wie Gehirnerschütterungen eine Bewusstlosigkeit verursachen. Dieser Zustand dient oft als Schutzmechanismus, der das Gehirn vor Schäden bewahrt, indem er die Energie auf lebenswichtige Organe lenkt.

Julia Kerschbaum, Oberärztin an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Innere Medizin IV (Nephrologie und Hypertensiologie)

 

Wie spielen bei einer Ohnmacht der Körper und die Psyche zusammen?

Kerschbaum: Die Psyche kann eine bedeutsame Rolle bei plötzlicher Bewusstlosigkeit spielen. Intensive Empfindungen wie Angst, Stress oder Ekel vermögen das autonome Nervensystem zu aktivieren und eine sogenannte vasovagale Reaktion auszulösen. Die Psyche versetzt den Körper dabei in den Modus von “Kampf oder Flucht“. Manche Menschen werden zum Beispiel bewusstlos, wenn sie Blut sehen, denn eben solche, für einige als stressig empfundene Auslöser sorgen für eine vasovagale Reaktion. Daraufhin kann der Blutdruck vorübergehend abfallen und der Herzschlag verlangsamt sich. Als Reaktion darauf erweitern sich die Blutgefäße, um den Blutfluss zum Gehirn zu erhöhen. Diese plötzliche Erweiterung der Blutgefäße und der niedrige Blutdruck können vorübergehend die Blutzufuhr zum Gehirn verringern und somit Bewusstlosigkeit verursachen. Dieser Zustand dient oft als Schutzmechanismus, der das Gehirn vor Schäden bewahrt, indem er die Energie auf lebenswichtige Organe lenkt.

 

Was können potentielle Folgen von Ohnmachtsanfällen sein?

Kerschbaum: Die möglichen Auswirkungen von Ohnmachtsanfällen sind vielfältig. Verletzungen infolge von Stürzen während einer Ohnmacht sind häufig und können zu Frakturen, Prellungen oder Kopfverletzungen führen. Zudem könnten Ohnmachtsanfälle auf ernstere Gesundheitsprobleme wie beispielsweise Herzerkrankungen oder neurologische Störungen hinweisen, die eine umfassende medizinische Untersuchung erfordern.

 

Was hat der Blutdruck damit zu tun?

Kerschbaum: Die Bewusstlosigkeit hängt maßgeblich vom Blutdruck ab, da er den Blutfluss zum Gehirn wesentlich beeinflusst.

Was sind Gefahren von unregelmäßigem Blutdruck?

Kerschbaum: Sowohl anhaltend hoher als auch anhaltend niederer Blutdruck können verschiedene gesundheitliche Probleme und Folgen mit sich bringen. Hoher Blutdruck kann zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenschäden, Augenproblemen und Gefäßschäden führen. Niedriger Blutdruck kann Schwindel, eingeschränkte Durchblutung der Organe, eingeschränkte Leistungsfähigkeit und Stress verursachen.

 

Was hat die Niere mit alldem zu tun?

Kerschbaum: Die Nieren spielen eine indirekte Rolle bei Bewusstlosigkeit und Ohnmacht, da sie an der Regulierung des Blutdrucks beteiligt sind. Dies geschieht durch ihre Kontrolle des zirkulierenden Blutvolumens und des Elektrolytspiegels, was Auswirkungen auf den Blutdruck haben kann. Wenn die Nieren nicht ordnungsgemäß funktionieren oder ein Ungleichgewicht im Elektrolythaushalt auftritt, kann dies zu einer Beeinträchtigung des Blutdrucks führen. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Nieren lediglich eine von vielen Komponenten im komplexen System der Blutdruckregulierung sind. Bewusstlosigkeit und Ohnmacht sind oft das Ergebnis einer Kombination verschiedener Faktoren und nicht allein auf die Nieren zurückzuführen.

 

Wie kann man seine Niere und den Blutdruck gesund halten?

Kerschbaum: Die Prävention von chronischen Nierenerkrankungen erfordert eine multimodale Herangehensweise zur Förderung der allgemeinen Gesundheit der Nieren. Wichtige Maßnahmen sind eine gesunde Ernährung, ausreichend Flüssigkeitszufuhr, regelmäßige Bewegung, die Kontrolle von Blutdruck und Blutzucker, Nichtrauchen und ein moderater Alkoholkonsum. Dieselben Maßnahmen zur Gesunderhaltung der Nierenfunktion sind auch für die Aufrechterhaltung eines gesunden Blutdrucks empfohlen. Zusätzlich sollten Maßnahmen zur Stressbewältigung erlernt werden. Die Wahrung eines gesunden Blutdrucks ist von grundlegender Bedeutung für die allgemeine Gesundheit und die Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Fotos: Portrait (Thomas Müller), andere: Adobe Stock

Weitere Informationen: Im Oktober 2023 wurden die XVII. Tiroler Gesundheitsgespräche Tirol aufgezeichnet zum Thema Bluthochdruck.