Allergien gegen Pollen, Hausstaubmilben oder bestimmte Lebensmittel sind weithin bekannt. Aber eine allergische Reaktion auf Kälte – gibt es das? Ja, zwar selten, aber doch.

Kälteurtikaria“ heißt der medizinische Fachbegriff für eine Form der Nesselsucht, die sich bei Temperaturschwankungen oder extremer Kälte durch juckende Hautirritationen an empfindlichen Stellen wie Hals, Händen, Beinen oder Gesicht bemerkbar macht. Obwohl weitläufig als „Kälteallergie“ bekannt, handelt es sich bei diesem Phänomen streng genommen nicht um eine Allergie im klassischen Sinne. Denn Allergien kennzeichnen sich dadurch, dass sich im Kontaktfall mit einem speziellen Allergen körpereigene Antikörper ausbilden. Bei der Kälteurtikaria reagiert die Haut nach einem physikalischen Kälte-Reiz mit der Ausschüttung von Histamin. Durch die Weitung von Geweben kann es darauffolgend zu Juckreiz oder Nesselausschlag kommen.

Wir haben mit Norbert Reider, dem Leiter der Allergieambulanz der Innsbrucker Universitätsklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie gesprochen. Er erzählt uns, woher die Kälteallergie kommt und was man als betroffene Person dagegen tun kann.

Wie viele Menschen sind von Kälteallergie betroffen?

Bei der Kälteurtikaria handelt es sich um eine relativ selten auftretende Erkrankung, jährlich sind mit 50 von 100.000 Personen nur 0,05% betroffen. Männer, Frauen, Kinder und Jugendliche sowie Erwachsene können unter Kälteallergie leiden. In der Regel tritt die Kälteallergie nicht chronisch, also das ganze Leben andauernd, sondern als vorübergehende – wenn auch oft über Jahre bestehende – Problematik auf. Einzelne familiär vererbte Formen sind die Ausnahme.

Wie erkenne ich, dass ich an Kälteallergie leide?

Juckende Hautirritationen können die unangenehme Folge einer Kälteallergie sein.

Kälteallergie äußert sich typischerweise durch Quaddeln und Juckreiz an empfindlichen Hautstellen, die Kälte oder einem schnellen Temperaturabfall ausgesetzt sind. Unter Quaddeln versteht man Schwellungen der oberen Hautschichten, die sich vorübergehend mit Gewebsflüssigkeit füllen. Oft sind die Hautpartien an Händen, Beinen, am Hals oder im Gesicht betroffen.

Die auftretenden Reaktionen verschwinden nicht sofort wieder, wenn man aus der Kälte ins Warme geht. Je nachdem wie intensiv die Reaktion ist, braucht es länger, bis die Gewebsflüssigkeit wieder vom Körper aufgenommen wird und sich in Folge auch die Schwellung zurückbildet.

Welche Situationen lösen die Symptome typischerweise aus?

Die Symptome der Kälteallergie treten dann auf, wenn exponierte Hautstellen starker Kälte ausgesetzt werden. Meist ist dabei aber gar nicht die absolute Temperatur entscheidend, sondern der Temperaturabfall – also der schnelle Wechsel von Wärme auf Kälte. Ausgelöst kann die Reaktion beispielsweise durch einen Sprung ins kalte Wasser werden, oder durch kalten Wind in erhitztem Zustand.

Ist Kälteallergie gefährlich oder gar lebensbedrohlich?

In der Regel sind die Symptome einer Kälteallergie für betroffene Personen in erster Linie unangenehm. Unter Umständen können sie aber auch gefährlich werden: Der Verzehr von kalten Getränken kann beispielsweise zu einer kritischen Reaktion – ähnlich einem allergischen Schock – mit Schwellungen der Schleimhaut-Bereiche in Rachen und Mund führen.

Was können Betroffene akut gegen auftretende Irritationen tun?

Zur akuten Symptombekämpfung bei Kälteallergie sind Antihistaminika zu empfehlen, die der Histamin-Ausschüttung und der folgenden Hautirritation (Jucken, Schwellung) entgegenwirken – ähnlich wie bei der Behandlung von Heuschnupfen-Symptomen. Im Ernstfall, bei Schwellungen im Rachenraum zum Beispiel, hilft auch ein Adrenalin-Pen, wie man ihn bei Reaktionen nach Insektenstichen kennt.

Wie kann man sich schützen, worauf gilt es präventiv zu achten?

Bei Kälteallergie gilt: die Haut vor Kälte schützen!

Patienten und Patientinnen mit Kälteallergie hilft es grundsätzlich, Kälte und schnelle Temperaturwechsel zu meiden und empfindliche Hautareale vor Kälte zu schützen. Warme Kleidung oder fettende Cremen können dabei als Barriere dienen. In Rücksprache mit dem behandelnden medizinischen Fachpersonal können Antihistaminika auch präventiv vor erwarteter Kälteeinwirkung bzw. über den Winter eingenommen werden.