Rheuma ist weitläufig als Gelenksentzündung bekannt, die vor allem ältere Personen betrifft. Dass aber schon Kleinkinder von rheumatischen Erkrankungen betroffen sein können, ist weniger verbreitet. Eine chronische rheumatische Erkrankung ist die Juvenile Idiopathische Arthritis (JIA). Sie ist die häufigste Autoimmunkrankheit im Kindesalter. Betroffen sind bei dieser entzündlichen Krankheit die Gelenke.

Expertenteam: (v.l.) Ingrid Pöckl, Physiotherapeutin; PD. Mag. Dr. Jürgen Brunner, Leitender Oberarzt an der Kinderklinik Innsbruck; Ingeborg Steiner, Ergotherapeutin. Nicht im Bild: Fee Scholz, MSc, Klinische- und Gesundheitspsychologin; Ass.Prof.Dr.Michaela Sailer-Höck, Oberärztin an der Kinderklinik; Nadine Falkner, Diplompflegerin

An der Innsbrucker Kinderklinik gibt es ein spezialisiertes ExpertInnenteam, bestehend aus ÄrztInnen, PhysiotherapeutInnen, ErgotherapeutInnen, KrankenpflergerInnen und einer Psychologin, das betroffene Kinder und Eltern von der Erstdiagnose bis hin zur Übergabe an die internistische Klinik (mit Eintritt ins Erwachsenenalter) betreut. Die Diagnose begleitet den überwiegenden Teil aller PatientInnen nämlich lebenslang.

 

Ist diese Form des Rheumatischen Erkrankungen genetisch bedingt oder gibt es bekannte Auslöser?

Es handelt sich hier um keine Erbkrankheit. Was schon öfter beobachtet wird, sind Häufungen von verschiedenen Autoimmunerkrankungen innerhalb einer Familie.

 

Ab welchem Alter kann das kindliche Rheuma das erste Mal auftreten?

Im Grunde kann sich diese Erkrankung in jedem Alter – vor dem 18. Lebensjahr bemerkbar machen. Die jüngsten Patientinnen und Patienten kommen Ende des ersten Lebensjahres, bei vielen erkennt man die ersten Anzeichen im Vorschulalter.

 

Gibt es Symptome, die den Eltern auffallen können? Wie sehen die Symptome im fortgeschrittenen Stadium aus?

Je jünger die Kinder sind desto unspezifischer sind die Symptome und daher auch schwerer erkennbar. Meist wollen die Kinder mehr getragen werden, bewegen sich weniger, wirken abgeschlagen, nehmen Schonhaltungen ein und haben einen gestörten Schlaf. Eindeutiger erkennbar ist die Krankheit an Schwellungen der großen Gelenke, wie dem Hand-, Knie- und Sprunggelenk. Aber nicht alle Verläufe beginnen mit diesen Schwellungen. Man sollte aufmerksam werden, wenn Kinder nach einer normalen Alltagsbewegung wie Stolpern, Verstauchen oder Anstoßen langwierige Nachwirkungen haben und sich die Gelenke über einen längeren Zeitraum schmerzhaft und geschwollen anfühlen. Im Normalfall erholen sich Kindergelenke nämlich von solchen Zwischenfällen sehr schnell.

 

 

Wohin sollten Eltern und Kinder sich wenden, wenn ein Verdacht vorliegt?

Da mittlerweile die Sensibilisierung bei Kinderätzen und Hausärzten viel höher ist als noch vor 15 Jahren, dauert es im Schnitt 3 – 4 Wochen bis die Erstdiagnose gestellt wird. Das ist ein relativ kurzer Zeitraum. Sollte Eltern das Verhalten ihrer Kinder ungewöhnlich vorkommen, so ist der Kinderarzt sicherlich die richtige Anlaufstelle.

 

Gibt es einen typischen Verlauf der Juvenilen Idiopathischen Arthritis?

Diese Krankheit verläuft überwiegend in Schüben. Auf schmerzhafte Perioden folgen mit Hilfe von Therapie und Medikamenten Zeiträume, in denen die Krankheit ruht. Jedoch ist die Ausprägung bei jedem Patienten und jeder Patientin anders. Sie kann von milde bis hin zu immer wieder kehrend alles beinhalten. Es gibt sogar wenige Patientinnen und Patienten, bei denen diese Form des Rheumas mit Eintritt ins Erwachsenenalter komplett zu ruhen scheint.

 

Welche Formen der Behandlung und der Therapie gibt es?

Die Therapie-und Behandlung der JIA ist immer multidisziplinär aufgebaut. Das heißt, dass sowohl eine medikamentöse Einstellung und Behandlung durch den Arzt erfolgt, als auch Ergotherapie, Physiotherapie und Psychotherapie angeboten werden.

Das Ziel der Physiotherapie und der Ergotherapie ist es, dem betroffenen Kind zu einem so normalen und selbstbestimmten Leben wie möglich zu verhelfen. Hierbei geht es bei Kleinkindern um das Erlernen aller Bewegungsabläufe ohne in Schonhaltungen zu verfallen. Im Schulalter soll eine Teilnahme am Unterricht, wie Schreiben, Malen, Turnen ohne Schmerzen gewährt werden. Kindern soll das Ausüben von Sportarten Spaß machen. In Zeiten der schmerzhaften Schübe wird eher zu gelenksschonende Varianten wie Schwimmen geraten wird, in den schmerzfreien Zeiten kann alles gemacht werden, was Spaß und Freude macht.

 

Wieso wird auch psychologische Unterstützung im Zuge der Therapie angeboten?

Da die Diagnose Juvenilen Idiopathischen Arthritis eine meist lebenslange ist und zudem im Kindesalter erstellt wird, betrifft sie die kleinen Patientinnen und Patienten gleichermaßen wie ihre Eltern. Die Reaktionen auf die Diagnose und der Umgang damit ist wiederum von Familie zu Familie unterschiedlich. Das Angebot, eine psychologische Unterstützung bei zu ziehen besteht von Anfang an. Manchmal wird es gleich angenommen, manchmal erst später. Manchmal sind wir mehr für die Eltern die Stütze, manchmal für die Kinder.

Auch das Thema Schmerz und der Umgang damit ist ein großer Bereich der psychologischen Betreuung. Es gibt viele therapeutische Ansätze in der Psychologie, Schmerzen nicht chronisch werden zu lassen und so den Patienten eine sehr gute Lebensqualität zu ermöglichen.

 

Vielen Dank für das Interview!

 

Bei Fragen zu diesem Thema können Sie sich gerne an die Innsbrucker Kinderklinik wenden. Hier gibt es eine eigene Sprechstunde für den Spezialbereich Rheumatologie. 

Weitere nützliche Informationen: www.printo.it

 

Fotos: Titelbild (tirol kliniken/Steiner), Therapie (tirol kliniken/Schober), Gruppenfoto (tirol kliniken)