Einmal kurz pusten, Pflaster drauf, eine Umarmung und schon ist die kleine Wunde vergessen. So einfach ist es manchmal. Wunden können aber auch langwierig und komplex sein, mit chronischen Erkrankungen zusammenhängen und die Gesundheit nachhaltig gefährden. Michael Stemberger und Andrea Mair geben Einblick in den Bereich „Wundmanagement in der Pflege“.

Michael Stemberger
Michael Stemberger leitet die Weiterbildung “Wundmanagement” am AZW.

Wundmanagement in der Pflege

„Im Wundmanagement geht es darum, Wunden zu beobachten, zu beurteilen und rechtzeitig auf eine schlechte Wundheilung zu reagieren. Unser Fokus liegt auf chronischen Wunden“, erläutert Michael Stemberger. Er leitet die Weiterbildung Wundmanagement für diplomiertes Pflegepersonal am Ausbildungszentrum West (AZW) in Innsbruck. Grundzüge der Wundausbildung sind in jeder Pflege-Ausbildung enthalten, in der Weiterbildung werden Inhalte vertieft, besonders in den Bereichen Anatomie und Pathologie, der Wundbeurteilung und Dokumentation sowie die Besonderheiten unterschiedlicher Verbandsstoffe im Detail.

Wenn die Wunde nicht heilt

„Akute Wunden werden schnell behandelt. Bei Unfällen sind Betroffene auch oft jung und sportlich, da funktioniert die Wundheilung besser. Schwierig wird es bei chronischen Wunden. Also wenn Wunden lange nicht heilen“ erläutert Stemberger. Besonders gefährdet sind dabei ältere Menschen mit chronischen Grunderkrankungen wie Diabetes oder Durchblutungstörungen wie eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (kurz paVk). Auch das „Wundliegen“ (Dekubitus) bei nicht bettlägrigen Personen zählt zu chronischen Wunden. „Der diabetische Fuß ist ein klassisches Beispiel für eine chronische Wunde“.

Neben den mit Wunden verbundenen Schmerzen und die eingeschränkte Lebensqualität können chronische Wunden zu Entzündungen, Blutvergiftung oder im Extremfall auch zu Amputationen von Gliedmaßen führen. „Chronische Wunden können unbehandelt lebensbedrohliche Auswirkungen haben“, hält Michael Stemberger fest.

Beitrag zur Heilung

Neben der fachlich korrekten Wundversorgung durch medizinisches Personal können auch Betroffene selbst zur Wundheilung beitragen. „Am wichtigsten ist die sogenannte Compliance der Patientinnen und Patienten, also, dass sie dem Behandlungsplan und Empfehlungen folgen“. Nicht immer selbstverständlich, vor allem, weil chronische Wunden oft auch mit Scham behaftet sind. „Viele schämen sich für Wunden, die lange nicht heilen und suchen erst viel zu spät Hilfe. Ich appelliere an alle Betroffenen: Warten Sie nicht zu lange. Jeder Tag in Behandlung ist ein gewonnener Tag“. Rauchen hat übrigens einen sehr negativen Einfluss auf die Wundheilung, da es die Durchblutung verschlechtert. Im Gegensatz dazu kann eine eiweißreiche Ernährung die Genesung unterstützen.

Zucker in die Wunde streuen?

Andrea Mair hat 2023 die Weiterbildung “Wundmanagement” abgeschlossen

Neben bekannten Salben und Verbänden kommen in der Wundpflege manchmal auch außergewöhnliche Hilfsmittel zum Einsatz. Vakuumtherapie, Kaltplasma-Therapie oder auch Maden-Therapie sind Methoden, mit denen sich das Wundmanagement auseinandersetzt. Ein spezielles Gebiet hat auch Andrea Mair in ihrer Abschlussarbeit der Weiterbildung bearbeitet. Sie hat die Weiterbildung Wundmanagement 2023 abgeschlossen. Mair arbeitet seit 20 Jahren in der Pflege und ist inzwischen im Krankenhaus in Natters tätig. Wundmanagement hat sie schon immer interessiert und in ihrer Abschlussarbeit hat sie sich mit der Verwendung von Zucker in der Wundheilung beschäftigt.

„Das Thema ist ja durchaus umstritten, ich habe mich dem ganzen aber historisch angenähert. Es gibt in der Medizingeschichte immer Belege zur Verwendung von Zucker, vor allem in Form von Honig. Oft beschrieben wird die Behandlung von Kampfverletzungen“. Medizinischer Honig kommt tatsächlich auch in der modernen Wundversorgung zum Einsatz. Die Wirksamkeit ist auf bestimmte Eigenschaften von Zucker zurückzuführen: „Zucker bewirkt, dass dem Gewebe Wasser entzogen wird. Das mindert Schwelllungen und kann auch zum Rückgang von Ödemen führen“, erläutert Mair. Da auch den Bakterien Wasser entzogen wird, kann das auch zur Reduktion von Keimen in der Wunde führen, führt Mair weiter aus .

Lebensqualität verbessern

In ihrer täglichen Arbeit sieht sie viele Patient:innen, die in ihrer Bewegung eingeschränkt sind und sich „Wundliegen“. Solche offenen Wunden sind sehr schmerzhaft. „Schmerzen zu lindern, den Allgemeinzustand und damit die Lebensqualität zu verbessern, das ist meine Motivation“, begründet die Pflegerin ihre Entscheidung zur Spezialisierung im Wundmanagement. Ihr Wissen trägt sie auch weiter, und fördert den Austausch zum Thema an ihrem Arbeitsplatz.

Informationen zur Weiterbildung “Wundmanagement”:

Weiterbildung Wundmanagement am AZW

Fotos: Gerhard Berger, tirol kliniken, AZW