In Europa könnten laut Studien im Jahr 2030 bereits 50% aller Kinder kurzsichtig sein. Grund genug mit der Expertin für Kinderaugenheilkunde Diana Putz, leitende Oberärztin an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Augenheilkunde und Optometrie, über Gründe, Vorkehrungen und Maßnahmen zu Fehlsichtigkeit bei Kindern zu sprechen.

Dr. Diana Putz, leitende Oberärztin an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Augenheilkunde und Optometrie

Was ist eine Fehlsichtigkeit?

Bei der Fehlsichtigkeit handelt es sich um ein physikalisches Missverhältnis zwischen der Länge des Auges und dessen Brechkraft. Es gibt mehrere Arten von Fehlsichtigkeit, unter anderen die Weitsichtigkeit (Hyperopie), die Kurzsichtigkeit (Myopie), die Stabsichtigkeit (Astigmatismus) und die Schwachsichtigkeit (Amblyopie). Die Kurzsichtigkeit ist hiervon weltweit die häufigste Sehstörung.

Was versursacht Kurzsichtigkeit?

Es ist bis jetzt nicht genau bekannt, was Kurzsichtigkeit verursacht. Die internationale Forschergruppe “Consortium for Refractive Error and Myopia” (CREAM) hat 2018 die weltweit größte genetische Studie zur Kurzsichtigkeit veröffentlicht, in der 116 genetische Faktoren für die Fehlsichtigkeit identifiziert wurden. Die Vererbung allein erklärt aber nicht vollständig die hohen Zahlen der Kurzsichtigkeit in den letzten Jahren. Kommt in der Familie eine Kurzsichtigkeit vor, besteht ein hohes Risiko diese zu vererben. In solchen Situationen ist es angeraten, eine augenärztliche Untersuchung durchführen zu lassen. Hierbei kann mit speziellen Tropfen, welche die Naheinstellung verhindern, die genaue Messung der Fehlsichtigkeit durchgeführt werden.

Fortschreitende Myopie

Von einer sogenannten progressiven Myopie (fortschreitenden Kurzsichtigkeit) spricht man, wenn ein Kind kurzsichtig ist und eine Zunahme der Kurzsichtigkeit von mindestens -0,5 Dioptrien pro Jahr messbar ist. Sollte eine progressive Myopie vorliegen, gibt es aktuell mehrere Therapiemöglichkeiten: spezielle Augentropfen, spezielle Kontaktlinse oder spezielle Brillengläser.

Weitsichtigkeit

Fast alle Kinder bis ins Vorschulalter sind weitsichtig. Diese Weitsichtigkeit nimmt im Laufe der Zeit stetig ab. In einigen Fällen könnte aber eine genetisch bedingte Verkürzung des Augapfels vorliegen, sodass die Weitsichtigkeit bestehen bleibt. In diesem Fall muss man diese Fehlsichtigkeit mit einer Brille korrigieren.

Gibt es Möglichkeiten zur Vorbeugung?

Die Vorbeugung spielt eine wichtige Rolle. Die augenärztliche Vorsorgeuntersuchungen sind schon im Vorschulalter empfehlenswert. Im Falle einer Kurzsichtigkeit gibt es einige Maßnahmen, die das Risiko einer Progression senken, zum Beispiel: der Aufenthalt bei Tageslicht im Freien von möglichst 2 Stunden täglich, regelmäßige Bildschirmpausen von 10 Minuten pro Stunde und einen Bildschirmabstand von mindestens 30 cm.

Vielen Dank für das Gespräch.

Fotoquelle: Titelfoto und Augenarzt (stock adobe), Portrait (tirol kliniken)